Windenergieanlagen ohne Eis, Foto: VERBUND

Windenergieanlagen ohne Eis, Foto: VERBUND

SOWINDIC
Intelligente Steuerung der Rotorblattheizung von Windkraftanlagen

Die Windenergie ist mit einem Anteil von rund 10 % am Strommix eine wichtige erneuerbare Energiequelle in Österreich. Im Projekt SOWINDIC (Smart Operation of Wind Turbines under Icing Conditions) untersucht ein interdisziplinäres Team1 unter Leitung von VERBUND, den intelligenten Betrieb von Rotorblattheizungen für Windenergieanlagen. Der Einsatz von digitalen Technologien soll eine effiziente Stromproduktion auch bei extremen winterlichen Temperaturen gewährleisten. Aufgrund des alpinen Klimas in Österreich kommt es in den Wintermonaten an vielen Standorten von Windkraftanlagen zu teils erheblichen Vereisungen der Rotorblätter.

Effizienzverluste durch Vereisung

Das Eis verändert die aerodynamischen Eigenschaften der Rotorblätter, sodass die Effizienz der Windkraftanlage sinkt und gleichzeitig der mechanische Verschleiß zunimmt. Ab einem gewissen Vereisungsgrad müssen die Anlagen aufgrund behördlicher Auflagen zum Stillstand gebracht und mit einer Rotorblattheizung oder auf natürlichem Wege abgetaut werden. Bisher wird die Beheizung der Rotorblätter überwiegend reaktiv, das heißt nicht vorausschauend eingesetzt. Durch den Stillstand entstehen teils erhebliche, unvorhersehbare Produktionsverluste. Um dennoch eine stabile Stromversorgung gewährleisten zu können, müssen die Erzeuger in diesem Fall am Regelenergiemarkt Strom zukaufen.

Forschung für eine präventive Betriebsweise

Um die vereisungsbedingten Produktionsverluste zu minimieren, ist es notwendig, eine Entscheidungs-Algorithmik zum präventiven Heizen der Rotorblätter zu entwickeln, damit Eis an den Rotorblättern schon beim Entstehen verhindert werden kann. Die Basis dafür bilden Wetterdaten, Wettervorhersagen, Betriebs- und SCADA-Daten (Supervisiory Control and Data Acquisition) sowie aktuellen Marktdaten.
 
Im Projekt SOWINDIC werden zwei zunächst voneinander unabhängige Ansätze zur optimierten Betriebsweise der Rotorblattheizung erforscht. Beide Ansätze sollen später im Rahmen einer sogenannten Hybridmodellierung fusioniert werden. Die Arbeitsgruppe „Angewandte Mathematik mit Schwerpunkt Optimierung“ der Universität Wien wird bestehende Machine Learning-Strategien auf ihre Eignung untersuchen und weiterentwickeln. Meteotest erforscht einen erfahrungsbasierten, auf physikalischen Modellen aufbauenden Ansatz. Beide Strategien zielen darauf ab, eine möglichst exakte Vorhersage der vereisungsbedingten Produktionsausfälle von Windenergieanlagen zu liefern. Mit einer vom AIT Austrian Institute of Technology speziell adaptierten Netzwerkkomponente sollen die Datenströme möglichst nahe an der Anlage erfasst, beide Algorithmen echtzeitfähig an der Windenergieanlage implementiert und zur automatisierten, optimierten Steuerung der Rotorblattheizung verwendet werden. VERBUND als Betreiber von Windenergieanlagen wird sich insbesondere mit der Validierung der entwickelten Modelle beschäftigen und sein langjähriges Betriebswissen in das Projekt einbringen.

Foto: VERBUND
Foto: VERBUND

„Unerwartete Stillstandszeiten einer Windkraftanlage aufgrund von Rotorblattvereisung bringen neben Produktionsverlusten auch zusätzliche Belastungen für das Stromnetz. Durch den intelligenten präventiven Betrieb der Rotorblattheizung kann das Stromnetz entlastet und die Produktion stabilisiert werden. “
 
Simon Kloiber MSc,
Technischer Projektleiter,
Performance Analyst Wind und PV, VERBUND

Vorteile durch digitale Steuerung

Eine effiziente Regelung der Rotorblattheizung ermöglicht es, Windkraftanlagen, die bisher unter rein ökonomischen Gesichtspunkten nicht realisiert werden konnten, in Zukunft wirtschaftlich zu betreiben. Somit können neue potenzielle Projektstandorte für Windkraftanlagen erschlossen werden. Die intelligente Steuerung bietet auch den Vorteil, dass es zu keinem Betriebszeitpunkt zu Gefahren durch Eiswurf und Eisabfall kommt. Durch die geringere mechanische Beanspruchung wird zudem die Lebensdauer der Anlage verlängert.
 
energieforschung.at/projekt/smart-operation-of-wind-turbines-under-icing-conditions
 
SOWINDIC MEILENSTEINE
> Aufbau einer Plattform zur Datenerzeugung, -bereitstellung und -auswertung
> Optimierung des Blattheizungsbetriebs anhand physikalischer Modelle
> Entwicklung und Anwendung von Machine Learning Methoden
> Bewertung und Kombination der entwickelten Algorithmen
> Validierung und Echtzeitimplementierung der entwickelten Algorithmen
 
1 Projektpartner: VERBUND (Projektleitung), AIT Austrian Institute of Technology GmbH, Universität Wien, Meteotest AG
 

 

  • Effiziente Stromerzeugung durch Windkraft auch bei eisigen Temperaturen Vereiste Windenergieanlagen verursachen hohe Kosten, Foto: VERBUND
    Effiziente Stromerzeugung durch Windkraft auch bei eisigen Temperaturen Vereiste Windenergieanlagen verursachen hohe Kosten, Foto: VERBUND
  • Foto: Waldhör KG
    Foto: Waldhör KG