Otto Wagner Areal, Foto: stock.adobe.com

Otto Wagner Areal, Foto: stock.adobe.com

Plus-Energie-Sanierung
des denkmalgeschützten Otto Wagner-Areals

Das Otto Wagner-Areal in Wien ist ein weltweit bedeutendes und großflächig angelegtes Jugendstil-Ensemble. Seine charakteristischen Pavillon-Bauten sind in einer parkähnlichen Hanglage angeordnet und wurden bis 2020 als Krankenhaus genutzt. In den nächsten Jahren wird auf einem Teilareal ein Universitätscampus der Central European University (CEU) entstehen, die 2025 hier ihren Lehr- und Forschungsbetrieb aufnehmen will. Die historischen Gebäude müssen dafür saniert und unter Einhaltung des Denkmalschutzes an die zukünftigen Anforderungen (Büro- und Universitätsnutzung, studentischer Wohnraum sowie einige verbleibende medizinische Einrichtungen) angepasst werden.
 
In einer detaillierten Machbarkeitsstudie hat ein Projektkonsor­tium aus Central European University (CEU), TU Wien – Institut für Architektur und Entwerfen, LANG consulting und der OeAD-Wohnraumverwaltungs-GmbH unter Leitung der Schöberl & Pöll GmbH untersucht, ob es möglich ist, das gesamte Otto Wagner-Areal unter Einhaltung des strengen Denkmalschutzes auf Plus-Energie-Standard zu sanieren und den zukünftigen jährlichen Energiebedarf mit lokal gewonnener erneuerbarer Energie zu decken.1

Entwicklung des Sanierungskonzepts

Vorrangiges Ziel der Sanierung ist es, einen optimalen Gebäudekomfort für die NutzerInnen zu erreichen. Zunächst analysierte das Projektteam den Gebäudebestand und die künftigen Nutzungsanforderungen. Anschließend wurden bautechnische, haustechnische und elektrotechnische Maßnahmen abgeleitet, mit dem Bundesdenkmalamt diskutiert und weiterentwickelt. Die Ergebnisse dieses umfassenden Prozesses zeigen, dass mit entsprechendem Knowhow auch unter Einhaltung der strengen Denkmalschutzauflagen eine Sanierung des Quartiers auf Plus-Energie-Standard umsetzbar ist und zugleich ein sehr hoher Nutzungskomfort erzielt werden kann.
 
Durch die Anpassung der Gebäudeauslegung an die tatsächlichen Nutzungsbedingungen und die Optimierung sämtlicher Gewerke inklusive der Nutzungsgeräte, kann der Gesamt-energieverbrauch um rund 90 % gegenüber einer reinen Erhaltungssanierung („Baseline-Szenario“) gesenkt werden. Die Energiebilanz des Areals ist innerhalb der Schwankungsbreite positiv. Der verbleibende Energiebedarf kann mit vor Ort gewonnener Energie gedeckt werden.
 
In Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt wurden folgende Maßnahmen erarbeitet:
> Dämmung der Dächer und der Bodenplatte sowie Innendämmung der Außenwände
> Optimierung der Kastenfenster
> hocheffiziente Lüftungsanlagen mit Wärme- und Feuchterückgewinnung
> hocheffiziente Warmwasser-Aufbereitung und Einsatz von durchflussoptimierten Armaturen
> Heizung und Kühlung über effiziente Flächensysteme
> Installation eines hocheffizienten Beleuchtungssystems
> Einsatz hocheffizienter Energieverbraucher in allen Nutzungsbereichen
> Installation von Photovoltaik-Anlagen auf den Dachflächen
 
Wenn das Areal durch ein effizientes Wärmepumpensystem über oberflächennahe Erdwärme-Kollektoren, Tiefensonden oder ev. auch über thermische Grundwasser-Nutzung versorgt wird, kann der Endenergieeinsatz gegenüber einem Fernwärme-/Fernkältesystem noch weiter gesenkt werden.

Abb.: Schöberl & Pöll GmbH
Abb.: Schöberl & Pöll GmbH

Sanierungskonzept Otto Wagner-Areal
> hoher Gebäudekomfort
> minimaler Energieverbrauch
> Deckung des verbleibenden Energieverbrauchs am Areal
> hohe Wirtschaftlichkeit
> Einhaltung strenger Denkmalschutzvorgaben

Wirtschaftlichkeit der SanierungsMaßnahmen

Im Rahmen des Projekts wurde auch eine umfassende Lebenszykluskosten-Analyse erstellt, die eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt. In die Bewertung sind z. B. die Produktivität und Gesundheit der GebäudenutzerInnen in Abhängigkeit des Gebäudezustands miteingeflossen. Die Ergebnisse der Analysen zeigen, dass die Umsetzung des innovativen Sanierungskonzepts zwar höhere Investitions- und Planungskosten als eine Basissanierung oder eine konventionelle Sanierung mit Energieeinsparungen von 30 % bzw. 70 % aufweist. Die Plus-Energie-Sanierungsvariante ist jedoch das einzige Konzept, dass über einen Vergleichszeitraum von 40 Jahren einen deutlichen wirtschaftlichen Gewinn ermöglicht. Zudem weist diese Variante bereits nach 15 Jahren die geringsten Lebenszykluskosten auf. Dies liegt zum einen an den sehr hohen Energiekosteneinsparungen im Plus-Energie-Konzept und zum anderen an den langfristig niedrigen Folgekosten, die auf den optimalen Nutzungskomfort der Gebäude zurückzuführen sind.
nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/otto-wagner-areal-plus.php

Prof. Dr. Diana Ürge-Vorsatz, Central European University (CEU) , Foto: CEU
Prof. Dr. Diana Ürge-Vorsatz, Central European University (CEU), Foto: CEU
Das Projekt zeigt, dass es möglich ist, historische, denkmalgeschützte Gebäude – ein bisher noch wenig erschlossenes Gebäudesegment für die energieeffiziente Sanierung – von Energieverbrauchern in Energieproduzenten umzuwandeln. Dies ist für uns der nächste entscheidende Schritt, um von CO2-emittierenden Gebäuden wegzukommen. Es liegt an uns allen, die Bausubstanz in Europa nachhaltig im Sinne der Klimaneutralität zu verändern. Die Gelegenheit, ein historisches Bauareal als Plus-Energie-Quartier zu sanieren, ist international richtungsweisend. Die CEU will die Chance nutzen und ein Vorzeigebeispiel für andere europäische Bildungsinstitutionen umsetzen. Zusätzlich wird damit ein einzigartiger und wertvoller „learning-by-doing“-Prozess für unsere Studierenden geschaffen.“

Prof. Dr. Diana Ürge-Vorsatz
Central European University (CEU)

1 Das kooperative F&E-Projekt wird im Rahmen des Programms „Stadt der Zukunft“ vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

 

  • Foto: stock.adobe.com
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