Innengang mit automatisch gesteuerter LED-Beleuchtung, Foto: Waldhör KG

Innengang mit automatisch gesteuerter LED-Beleuchtung, Foto: Waldhör KG

Energiebilanz
Höchste Energieeffizienz in allen Gebäudebereichen

Im Rahmen des Sanierungsprojekts wurden zahlreiche gebäudetechnische Lösungen sowie neue Nutzungskonzepte entwickelt und implementiert. Um Plus-Energie-Standard im Bürobau erreichen zu können, muss der Energieverbrauch drastisch reduziert und höchste Energieeffizienz aller Komponenten erzielt werden. Dazu wurden viele verschiedene Maßnahmen umgesetzt. Zentral ist die Reduktion von Wärmeverlusten und Wärmeeinträgen. Die Fassade des TU-Hochhauses wurde in Passivhausstandard saniert, d. h. es wurde eine extrem dichte Gebäudehülle mit wärmebrückenfreier Dämmung realisiert. Sämtliche Rohrleitungen, Armaturen und Aggregate wurden gedämmt, um weitere Wärmeverluste zu verhindern. Die Süd-West- und die Süd-Ost-Fassaden bestehen aus einer vorgesetzten Glas-Stahl-Konstruktion mit integrierten PV-Modulen. Vor den Fenstern befinden sich automatisch regelbare Außenjalousien, die von einer Prallscheibe geschützt werden. Um die internen Lasten zu reduzieren, wurden im Rahmen des Projekts alle Komponenten, die Energie verbrauchen, aufgelistet, optimiert und vom Forschungsteam freigegeben. Im gesamten Gebäude werden nun höchst energieeffiziente Geräte verwendet und zwar nur dann, wenn sie tatsächlich gebraucht werden. Dies betrifft alle Energieverbraucher: Von den Computern über die Beleuchtung, die Lüftung und den Aufzug bis hin zur Kaffeemaschine. Insgesamt wurden rund 9.300 Komponenten aus 280 Kategorien optimiert. Ein Stockwerk mit ca. 35 Arbeitsplätzen, in dem bereits alle Maßnahmen umgesetzt wurden, verbraucht heute während eines Arbeitstages nur ca. 24 kWh (!) Strom.

Auslagerung von Workstations

Für die Forschungsarbeit an der TU Wien sind neben Bürocomputern auch große Workstations erforderlich, auf denen komplexe Berechnungen und Simulationen durchgeführt werden. Diese Geräte werden in der Regel direkt an den Arbeitsplätzen untergebracht. Dadurch werden große Wärmemengen in die Büroräume eingebracht. Das Sanierungskonzept sieht vor, dass die rechenintensiven Prozesse und Anwendungen in den Serverraum ausgelagert werden, wo die anfallende Wärme effizient weggekühlt bzw. zum Heizen des Gebäudes genutzt werden kann. In den Büroräumen werden sich in Zukunft nur höchsteffiziente Bürocomputer und Bildschirme für die alltäglichen Büroarbeiten befinden. Mittels Remote-Verbindung können die NutzerInnen jederzeit auf die Rechner im Serverraum zugreifen. Bereits 60 % der Workstations wurden bisher in den Serverraum ausgelagert. Dies erfordert kompetente IT-Lösungen, bei deren Planung die NutzerInnen eingebunden werden. Bis Mitte 2017 soll die Umstellung auf allen Arbeitsplätzen erfolgen.

Innovatives Beleuchtungskonzept

Die künstliche Beleuchtung der Büroräume wurde mit LED Deckenleuchten der Marke Zumtobel LED RAY mit 110 lm/W ausgeführt. In den Büros muss die Beleuchtung manuell eingeschaltet werden. Die verbauten Bewegungsmelder mit integriertem Helligkeitssensor dienen dazu, die Beleuchtung möglichst optimal anzusteuern. Über den Sensor wird die tatsächlich vorherrschende Beleuchtungsstärke gemessen, die LED-Deckenleuchten werden entsprechend den Präferenzen der NutzerInnen automatisch nachgeregelt. Es wird dadurch nur so viel Licht bereitgestellt, wie tatsächlich benötigt wird. Wird im Raum keine Präsenz erkannt, schaltet sich die Beleuchtung nach einer geringen Nachlaufzeit automatisch aus. Auch in allen Gang- und Treppenhausbereichen wurden energiesparende LED-Einbauleuchten mit Bewegungsmeldern installiert. 

Optimale Steuerung

Mit Hilfe einer intelligenten Steuerungstechnik werden alle Komponenten und Systeme im TU-Bürohochhaus optimal geregelt und aufeinander abgestimmt. Das Gebäude versucht automatisch in den Zustand zu gelangen, in dem es die geringste Energie verbraucht. Dennoch haben die NutzerInnen die Möglichkeit, bestimmte Funktionen (z. B. die Verschattung mit Jalousien oder die Beleuchtung) bei Bedarf händisch zu übersteuern.

Monitoringsystem

Der Gebäudebetrieb im TU-Plus-Energie-Bürohochhaus wird seit der Inbetriebnahme 2014 einem umfassenden Monitoring unterzogen. Das System erfasst die Gewinnung und den Verbrauch von Strom, Wärme und Kälte getrennt nach den unterschiedlichen Verbrauchergruppen. Der Energieverbrauch der gebäudetechnischen Anlagen (Heizung, Kühlung, Lüftung und Gebäudeautomation) wird ebenfalls aufgezeichnet. Ein eigenes Monitoringsystem der PV-Anlage ermöglicht es, die Energiegewinnung aus Photovoltaik im Detail über ein Webportal abzurufen. Mit diesem System können auch Informationen über Defekte an einzelnen Modulen oder Wechselrichtern übermittelt werden.

Foto: Schöberl & Pöll GmbH
Foto: Schöberl & Pöll GmbH

„Die Sanierung des alten TU-Hochhauses in das weltweit erste Plus-Energie-Bürohochhaus zeigt, was mit den richtigen Energiesparmaßnahmen alles möglich ist. Wir haben für das Gebäude keine überdurchschnittlich komplexen Techniken angewandt, aber durch die akribische Analyse und Optimierung von über 9.300 Einzelkomponenten konnten wir diese extreme Energieeinsparung erzielen. Das Projekt zeichnet sich durch seine Multiplizierbarkeit aus und beweist somit seinen Wert für die Zukunft.“

Bmst. DI Helmut Schöberl, Schöberl & Pöll GmbH

Primärenergiebedarf vor und nach Sanierung [kWh/m2 BGF pro Jahr]

Vor der Sanierung hatte das als Laborgebäude genutzte Haus einen Energieverbrauch von 803 kWh/m2 BGF (Bruttogeschoßfläche) pro Jahr. Hätte man das Gebäude nach den heute für Bürogebäude üblichen Standards saniert, wäre eine Reduktion des Energieverbrauchs um ca. 43 % erzielt worden. Durch die Umsetzung des innovativen Gesamtkonzepts werden im TU-Hochhaus nur mehr 56 kWh/m2 BGF im Jahr (für Gebäude und Büronutzung) verbraucht. Das entspricht einer weiteren Reduktion von 88 %.

Über das ganze Jahr gesehen kann die gesamte Energie, die in den elf Stockwerken benötigt wird, direkt am Haus gewonnen werden. Das Gebäude generiert ca. 5 kWh/m2 BGF pro Jahr mehr Energie als der Bürobereich (ohne Hochleistungsrechner im Serverraum) insgesamt verbraucht. Damit entspricht es der Definition eines Plus-Plus-Energie-Gebäudes. Rechnet man die für die universitäre Nutzung erforderlichen Hochleistungsrechner mit, die in einem üblichen Bürogebäude nicht benötigt werden, so erhöht sich der Energieverbrauch auf 108 kWh/m2 BGF pro Jahr.

Grafik: TU Wien
Grafik: TU Wien

 

  • Büro mit LED-Beleuchtung, Foto: Waldhör KG
    Büro mit LED-Beleuchtung, Foto: Waldhör KG
  • Süd-West-Fassade, Foto: TU Wien
    Süd-West-Fassade, Foto: TU Wien
  • Steuerung von Temperatur, Licht und Verschattung, Foto: Waldhör KG
    Steuerung von Temperatur, Licht und Verschattung, Foto: Waldhör KG
  • Energieeffizienter Bürocomputer, Foto: TU Wien
    Energieeffizienter Bürocomputer, Foto: TU Wien
  • Automatisch gesteuerte Verschattung, Foto: Waldhör KG
    Automatisch gesteuerte Verschattung, Foto: Waldhör KG
  • Bewegungsmelder mit integriertem Helligkeitssensor, Foto: BMFLUW/Alexander Haiden
    Bewegungsmelder mit integriertem Helligkeitssensor, Foto: BMFLUW/Alexander Haiden
  • Veranstaltungsraum, Foto: Waldhör KG
    Veranstaltungsraum, Foto: Waldhör KG