Fernwärme Hausanschluss, Quelle: Ashkan Nasirkhani, fotolia.de

Fernwärme Hausanschluss, Quelle: Ashkan Nasirkhani, fotolia.de

NextGenerationHeat
Niedertemperatur-Fernwärme für Österreich

Hochtemperatur-Fernwärme ist für die Abdeckung des geringen Heizwärmebedarfs in Passiv- und Niedrigenergiehäusern oft unwirtschaftlich. Die Wärmeverluste des Netzes und die Investitionskosten sind im Verhältnis zu der verbrauchten Wärme in den Gebäuden zu hoch. Niedertemperatur-Fernwärmenetze könnten eine zukunftsweisende Alternative darstellen. Reduzierte Vorlauftemperaturen im Fernwärmenetz verringern die Wärmeverluste und die Netzinvestitionskosten und ermöglichen die Nutzung von erneuerbarer Energie und industrieller Abwärme.

Im Rahmen des Projekts NextGenerationHeat entwickelt das AIT technische Konzepte für den Einsatz von Wärmequellen mit Temperaturen zwischen 35 °C und 65 °C, z. B. Umgebungswärme mit Wärmepumpen, industrielle Abwärme oder auch der Rücklauf  konventioneller Fernwärmenetze, für die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser in Fernwärmenetzen. Am Beispiel von vier repräsentativen Regionen (Güssing, Wien, Wörgl und Graz) werden die Konzepte ökonomisch und ökologisch bewertet. Gegenüber mit Biomasse oder Gas betriebenen Heizkesseln, sind in den hier betrachteten Niedertemperaturnetzen Primärenergieeinsparungen von ca. 20-75 % möglich. Im Vergleich zu fossilen  Energieträgern reduzieren sich die CO2-Emissionen um ca. 25-85 %. Hinsichtlich der Bewertung stellt die Nutzung des Rücklaufes der Fernwärme als Quelle für das Niedertemperaturnetz jedoch eine Herausforderung dar. Aufgrund der resultierenden Rücklaufauskühlung treten je nach Netztopologie und Erzeugungstechnologie unterschiedliche Effekte auf, die insbesondere in komplexen Netzen mit verschiedenen KWK Anlagen schwierig zu quantifizieren sind.

Problematisch kann Niedertemperatur-Fernwärme werden, wenn es darum geht Warmwasser mit einer Vorlauftemperatur unterhalb 65 °C bereitzustellen und zu speichern.  Diese Temperatur ist notwendig, um die für Menschen bedrohlichen Legionellen im Warmwasser abzutöten. Ein Fokus liegt daher auf der Entwicklung von technischen Lösungsmöglichkeiten zur hygienischen Bereitstellung von Warmwasser bei niedrigen Vorlauftemperaturen.  Speziell wird der Einsatz geeigneter Wärmepumpen für die Anhebung der Temperatur des Warmwassers auf das erforderliche Niveau an der Übergabestation untersucht.

Mittels dynamischer Netzwerksimulationen können hydraulische Schaltungsvarianten (erzeuger- und netzseitig) und Übergabestationen evaluiert und die komplexen Wechselwirkungen im Gesamtsystem dargestellt werden. Für technisch und wirtschaftlich sinnvolle Varianten erstellt das Projektteam Monitoringkonzepte und erste Geschäftsmodelle.

Dr.-Ing. Ralf-Roman Schmidt, Foto: AIT
Dr.-Ing. Ralf-Roman Schmidt, Foto: AIT

„Aufgrund unsicherer Preisentwicklungen, sowie einer steigenden Nutzungskonkurrenz bei Brennstoffen steht der Fernwärme ein tiefgreifender Transformationsprozess bevor. Es wird zunehmend  notwendig sein, alternative Wärmequellen wie Solarthermie, Geothermie, Umgebungswärme über  Wärmepumpen und industrielle Abwärme zu integrieren, wobei diese Quellen oftmals dezentral vorliegen, ein niedriges Temperaturniveau haben und zeitlich nicht kontrollierbar sind. Das AIT entwickelt wissenschaftliche Methoden und fortschrittliche Simulationswerkzeuge, um Betreiber und Planer von Fernwärmenetzen sowie Hersteller relevanter Komponenten bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen. Das inkludiert die Bewertung von Fernwärmenetzen und die Identifikation von Optimierungspotenzialen, die Analyse der technischen Potenziale alternativer Wärmequellen, die Entwicklung von Maßnahmen zur Reduktion der Systemtemperaturen (wie z. B. in den Projekten NextGenerationHeat und URBANcascade), die hydraulische und regelungstechnische Integration von Speichern und Wärmepumpen sowie intelligente Betriebsstrategien und Regelalgorithmen.“

Dr.-Ing. Ralf-Roman Schmidt,
AIT Austrian Institute of Technology GmbH