ExpertInnen-Interview
DI Susanne Formanek und DI Vera Enzi Innovationslabor GRÜNSTATTGRAU

DI Susanne Formanek und DI Vera Enzi, Fotos: GRÜNSTATTGRAU
DI Susanne Formanek und DI Vera Enzi, Fotos: GRÜNSTATTGRAU

Sie sind ExpertInnen für grüne Infrastruktur im urbanen Raum. Eignen sich innovative Begrünungskonzepte für die breite Anwendung in Neubau und Sanierung?
Ja, gerade für den Neubau existiert eine umfassende, standardisierte Technologiebandbreite sowohl in der Dach- als auch in der Fassadenbegrünung. Zudem kann durch die rechtzeitige Einbindung in den Planungsprozess ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis sichergestellt werden, sprich Begrünungen können auch in der Wartung günstiger als Glasfassaden sein. Wichtig ist hier die Qualitätssicherung. Wir legen vermehrt unsere Kraft auf die wesentlich komplexeren Strukturen im Rahmen der Sanierung. Im Bestand zu begrünen bedeutet für jedes Projekt die beste technologische Lösung zu suchen und Barrieren im Bereich Technologieverbund, Recht, Genehmigungen sowie Kostenoptimalität und Finanzierung zu überwinden.

Wie wirkt sich die Begrünung von Fassaden und Dächern auf die Gebäude- und Wohnqualität aus?
Begrünungen wirken sich positiv in den Bereichen Energie, Wasser, Mikroklima, Ökonomie, Ökologie, Lebensqualität und Umwelt aus. Gebäude profitieren von Begrünungen, da sie wie ein Schutzschild für das Gebäude fungieren und einen Dämmeffekt erzeugen können. Die Lebensdauer des Gebäudes verlängert sich und durch eine Kombination mit Beschattung durch Begrünung können notwendige Kühlleistungen minimiert und Wartungskosten gesenkt werden. Hier sehen wir auch die Zukunft: Intelligente (smarte) Technologien und Komponenten mit digitalen Funktionen finden immer häufiger Einsatz in Gebäuden (Stichwort „Smart Readiness Indicator (SRI)“ nach der neuen EU-Gebäuderichtlinie).

Welches Potenzial sehen Sie in österreichischen Städten für die Fassaden- und Dachbegrünung?
In Österreich sind mehr als 40 % der Häuser vor 1930 und 35 % in den 60-80er Jahren gebaut. Sanierungen sind wichtig, um die Klimaziele zu erreichen und da können Bauwerksbegrünungen einen Beitrag zur Energieeinsparung und -bereitstellung leisten, aber auch bei der Mikroklimaverbesserung eine große Rolle spielen. In der ökonomischen Betrachtungsweise sind Begrünungen sehr attraktiv, da sie vor allem in Kombination mit Photovoltaik oder Solaranlagen den Energieertrag dieser Anlagen steigern können. Gleichzeitig wird die Umgebungstemperatur gesenkt und Wasser in der Stadt gehalten. Derzeit sondieren wir gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur, dem AIT und der Stadt Wien sowie unseren Netzwerkpartnern im Verband für Bauwerksbegrünung Begrünungspotentiale in Referenzgebieten, mit dem langfristigen Ziel, Potenzial- und Bestandskatastersysteme für Österreich zu entwickeln.