Im zukünftigen Energiesystem wird ein großer Teil der Energie aus fluktuierenden erneuerbaren Quellen stammen. Speicheranlagen werden bei der Umsetzung der Energiewende eine zentrale Rolle spielen, da sie Schwankungen zwischen der Erzeugung und dem Verbrauch von Energie ausgleichen können. Leistungsfähige Strom- und Wärmespeicher sorgen dafür, dass Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder auch Geothermie jederzeit sicher zur Verfügung steht. Sie ermöglichen es, die Lücken zwischen Angebot und Nachfrage über Stunden, Tage bis hin zu saisonalen Zeiträumen zu überbrücken, und tragen damit wesentlich zur Systemstabilität, Sicherheit und Versorgungsqualität bei. Forschung und Innovation zielen darauf ab, diese Schlüsseltechnologien zur Marktreife zu bringen. Der österreichische Energiebedarf lag im Jahr 2024 bei 287 Terawattstunden (TWh), beinahe die Hälfte davon ging auf den Wärmesektor zurück. Bisher wird nur ca. ein Drittel der benötigten Wärmeenergie aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt.1 Neben Stromspeichersystemen gewinnt daher die Wärmespeicherung zunehmend an Bedeutung.
Wärmespeicher für viele Anwendungen
Wärmespeichertechnologien lassen sich nach der Art des Speicherprozesses und der Speichermedien (z. B. sensible Wärmespeicher, Latentwärmespeicher, thermochemische Speicher) sowie nach Größe und Anwendung (von der kurzfristigen bis hin zur saisonalen Energiespeicherung) unterscheiden. In Ein- und Mehrfamilienhäusern kommen kompakte Wärmespeicher in Form von Pufferspeichern oder Latentspeichern zum Einsatz, oft gekoppelt mit Wärmepumpen oder Solaranlagen. Große Wärmespeicheranlagen sind essenzielle Bausteine zur Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung. In der Industrie bieten Wärmespeicher die Möglichkeit, Abwärme effizient zu nutzen oder Stromüberschüsse thermisch zwischenzuspeichern, um Prozesswärme CO2-neutral bereitstellen zu können. Für die langfristige Energiespeicherung spielt auch die Sektorkopplung eine zentrale Rolle. Dabei werden verschiedene Formen der Energieaufbringung, wie z. B. der Stromsektor mit dem Gas- und Wärmesektor, durch die Umwandlung und Speicherung von Energie verknüpft. Technologien zu Sektorkopplung (Power-to-Heat, Power-to-Gas) ermöglichen die Integration von erneuerbaren Energien und erhöhen die Flexibilität im Energiesystem.
Forschungsbedarf und Demonstration
Forschung und Entwicklung im Bereich der Wärmespeichertechnologien zielen auf eine Reduzierung der Investitionskosten, eine längere Lebensdauer und höhere Effizienz, ein kompaktes Design sowie die hohe Sicherheit der Systeme ab. Wichtige Themen in aktuellen nationalen und internationalen Forschungsprojekten sind die Auswahl der geeigneten Speichertechnologie, die Entwicklung von neuen Materialien und Komponenten, die Integration von Speichersystemen ins Energiesystem sowie Methoden für das Monitoring und die Betriebsoptimierung. Eine zentrale Rolle für die Weiterentwicklung und Markteinführung spielt die Umsetzung von Demonstrationsanlagen. Weiters müssen passende rechtliche Rahmenbedingungen und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. In dieser Ausgabe stellen wir einige österreichische Vorreiterprojekte zum Thema Wärmespeicher vor und berichten über die Mitwirkung österreichischer Expert:innen an den Technologieprogrammen der Internationalen Energieagentur zum Thema Energiespeicherung.
Die benötigte Kapazität an Wärmespeichern in Europa wird zukünftig deutlich anwachsen. Prognosen gehen davon aus, dass der europäische Fernwärmebedarf im Jahr 2050 bei ca. 1.780 TWh liegen wird (EuroHeat and Power, 2018). Unter der Annahme, dass rund 5 bis 15 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs zwischengespeichert werden müssen, ergibt sich eine notwendige Speicherkapazität von rund 90 bis 270 TWh. Das erfordert insgesamt 22.500 bis 67.500 Großwärmespeicher mit jeweils 100.000 m³ Wasseräquivalent.2
1 positionen.wienenergie.at/grafiken/energieverbrauch-oesterreich
2 Quelle: Nachhaltige Technologien 1/2024, AEE INTEC, S. 6
www.aee-intec.at/zeitung/nachhaltige_technologien-4-2024 Share