Gebäudeansicht Justizgebäude in Salzburg

Justizgebäude Salzburg, Foto: BMK/Kurt Hörbst, Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2019

NEBKrit

Qualitätskriterien für Gebäude und Quartiere auf Basis des New European Bauhaus


Bewertungssysteme für Gebäude und Quartiere konzentrierten sich bisher meist auf die Kriterien der ökologischen Nachhaltigkeit. Um im Sinne der New European Bauhaus-Idee Bauwerke umfassend zu bewerten und ein Bild der baukulturellen Qualität zu erhalten, müssen zusätzlich die Aspekte Ästhetik und soziale Inklusion einfließen. Ziel des Projekts NEBkrit war es, solche Qualitäts-, Bewertungs- und Evaluierungskriterien für öffentlich geförderte Demonstrationsgebäude und -quartiere in Österreich zu entwickeln.

Baukultur bezeichnet die gesellschaftliche Praxis im Bereich der Architektur und des Bauens ebenso wie das kulturelle Erbe. Der Begriff umfasst nicht nur die ästhetische Gestaltung von Gebäuden und Stadtlandschaften, sondern auch die Art und Weise, wie Bauten die Umwelt und das Leben der Menschen prägen. Es ist daher keine leichte Aufgabe, diesen Begriff in ein Kategoriensystem zu integrieren. Ein relativ neuer Ansatz zur Bewertung der Baukultur ist das Davos-Qualitätssystem (Schweizer Bundesamt für Kultur 2021)1, das acht Dimensionen (Governance, Funktionalität, Umwelt, Wirtschaft, Vielfalt, Kontext, Genius loci und Schönheit) beinhaltet. Das Thema Inklusion wird hier allerdings durch die Dimension Vielfalt nicht umfassend abgebildet. Im Rahmen des Projekts NEBKrit2 wurden im ersten Schritt dieses System sowie zahlreiche weitere Bewertungskonzepte für Gebäude und Quartiere in Hinblick auf die New European Bauhaus-Prinzipien untersucht und in mehreren Workshops mit Expert:innen diskutiert.

Entwicklung des Bewertungsmodells

Auf Basis dieser Analysen entwickelte das Projektteam ein Kriterien- und Bewertungsmodell für Österreich, das anhand von Testbewertungen für insgesamt sechs Projektbeispiele (jeweils zwei aus den Bereichen Neubau, Sanierung und Quartier) erprobt und evaluiert wurde. Das Modell umfasst 14 Kategorien mit insgesamt 37 Kriterien für die drei Dimensionen ökologische Nachhaltigkeit, Ästhetik und soziale Inklusion, sowie als zusätzliche Dimension die offene Kategorie Innovation. Die Dimension ökologische Nachhaltigkeit wurde dabei mit sechs Kategorien in Anlehnung an die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz von Ökosystemen und Biodiversität) definiert.
 
Die Dimensionen Ästhetik und soziale Inklusion wurden in das System eingegliedert und den Nachhaltigkeitskriterien gleichwertig zur Seite gestellt. Diese Eingliederung stellt das System auf eine bereits europaweit etablierte, rechtlich abgesicherte Grundlage, an der auch die bestehenden nationalen Bewertungs- und Zertifizierungssysteme im Baubereich wie die klimaaktiv-Standards, die DGNB/ÖGNI-Zertifizierung oder das österreichische Umweltzeichen anknüpfen. Die drei Arbeitsprinzipien des New European Bauhaus – Partizipation, Transdisziplinarität, Mehrebenen-Engagement – wurden ebenfalls im Modell integriert. 

Grafik NEBKrit Modell
Finales Kategorienmodell, Quelle: NEBKrit – Qualitätskriterien für Gebäude und Quartiere auf Basis des New European Bauhaus

Leitfaden zur Gebäudebewertung

Bei der Entwicklung zeigte sich, dass es für die Bewertung der ästhetischen Kriterien und der (meisten) Kriterien der sozialen Inklusion eine qualitative Vorgangsweise braucht. Die Kriterien der ökologischen Nachhaltigkeit können hingegen immer wieder auf Quantifizierbares zurückgeführt werden. Die Bewertung von eingereichten Projekten geht von einer Selbstbeschreibung durch das jeweilige Projektteam aus und gliedert sich in zwei Durchgänge: Zunächst eine Vorbewertung durch Fachexpert:innen für die zu bewertenden Dimensionen; anschließend eine finale Bewertung durch ein interdisziplinäres Gremium, dessen Kompetenzen alle relevanten Kategorien abdecken. Ein wichtiger Aspekt des vorgeschlagenen Bewertungsmodells ist, dass es nicht nur zur externen Bewertung von Projekten dienen soll, sondern auch als eine Art Leitfaden für die Konzeption von Bauvorhaben funktioniert und damit ganzheitliche Planungsprozesse effektiv unterstützen kann.

Übertragung des Modells auf Quartiere

Im Rahmen des aktuell laufenden Nachfolgeprojekts wird das Bewertungsmodell auf den Quartiersmaßstab übertragen und ein Kriterienset samt Bewertungsmethodik und Prozessvorschlägen zur umfassenden Bewertung von Stadt- und Dorfquartieren anhand der drei Dimensionen des New European Bauhaus entwickelt. Auch auf dieser Ebene kann das Modell sowohl für die Bewertung als auch für die Projektentwicklung und Antragstellung von Quartiersentwicklungsprojekten verwendet werden.
 
klimaneutralestadt.at/de/projekte/tiks/nebkrit-qualitaetskriterien-fuer-gebaeude-und-quartiere-auf-basis-des-new-european-bauhaus.php
klimaneutralestadt.at/de/projekte/tiks/neb-krit-q-new-european-bauhaus-qualitaetskriterien-fuer-nachhaltige-quartiersentwicklung.php
 
1 davosdeclaration2018.ch/de/qualitaets-system
2 Projekpartner:innen: Plattform Baukulturpolitik (Projektleitung), IBR & I Institute of Building Research & Innovation ZT GmbH

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