Foto: gitanito, fotolia.com

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LIGNO I & II
Stoffliche Nutzung verholzter Biomasse

Mit der Entwicklung von Strategien zur vollständigen stofflichen Nutzung verholzter Biomasse beschäftigen sich die Projekte  LIGNO I und II, die von der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien, der denkstatt GmbH und dem Technologie- und Dienstleistungszentrum Ennstal durchgeführt werden. In den Bereichen Chemie, Holzforschung und Biotechnologie werden die kaskadische Nutzung von holzartiger Biomasse erforscht und Konzepte für die Entwicklung neuer Werkstoffe auf Biomasse-Basis ausgearbeitet.

Die BOKU-Departments für Biotechnologie und Chemie sowie das BOKU-Institut für Holzforschung entwickeln chemische, physikalische und mikrobielle Methoden, um je nach Rohstoff verschiedene Stoffströme zu erhalten, an deren Endpunkten ausschließlich wirtschaftlich verwertbare Produkte stehen. Mögliche Produkte sind z. B. Milchsäure für die Herstellung von  Biokunststoff, humusartiger Dünger zur Bodenverbesserung oder hochwertige Nanozellulose-Fasern. Die Stoffströme werden in Prozessbeschreibungen und in einem Businessmodell abgebildet, um die identifizierten Verfahren einer wirtschaftlichen Verwertung zuzuführen. Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie ökologische Bewertungen werden im Rahmen der Projekte von der denkstatt GmbH durchgeführt.

Neue Methoden für Werkstoffe auf Biomasse-Basis

In LIGNO I beschäftigten sich die ForscherInnen mit der Auswahl und dem Aufschluss geeigneter Rohstoffe und entwickelten neue Methoden für die enzymatische Hydrolyse der Biomasse, die Abtrennung von Lignin, die mikrobielle Fermentation sowie die Fasergewinnung. Mit den gewonnenen Ligninen konnte eine Reihe von interessanten Produkten hergestellt werden, die Anknüpfungspunkte für erfolgversprechende anwendungsorientierte Folgeprojekte ergeben. Wichtige neue Erkenntnisse wurden im Bereich der Fermentation generiert. Mit der eingesetzten Hefe „Candida lignohabitans“ konnten verschiedene Zucker und Lignocellulose-Hydrolysate verwertet und zu Milchsäure und  Itaconsäure umgesetzt werden. Dies schafft eine interessante Möglichkeit für die biotechnologische Aufwertung von lignocellulose-basierten erneuerbaren Rohstoffen.

Innovative Produktentwicklungen

Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden in LIGNO II der chemische und der biotechnologische Pfad weiterentwickelt, um die Voraussetzungen für die Markteinführung der neuen Werkstoffe zu schaffen. Als weitere Projektpartner sind hier die Österreichischen Bundesforste und die FERMTECH GmbH beteiligt.

Im Fokus stehen die modulare Verwertung der lignocellulosischen Biomasse und die Herstellung verschiedener Produkte, die bisher nur petrochemisch erzeugt werden konnten. So können z. B. reine lignin-basierte, formstabile Aerogele hergestellt werden, die bisher nicht am Markt erhältlich sind. Aerogele sind ultraleichte, offenporige Materialien, die zunehmend in vielen Bereichen der Technik Anwendung finden, u.a. als:

> thermische und akkustische Hochleistungsisolation
> Trägermaterial für Katalysatoren, Filtersysteme
> Elektrodenmaterial für elektrochemische Anwendungen

Eine weitere interessante Chemikalie ist die Itaconsäure, die wie Milchsäure ein Vorläufer für Polymere ist und bisher nur unter  sehr spezialisierten Bedingungen hergestellt werden konnte.  Itaconsäure ist der Maleinsäure ähnlich, die als Ausgangssubstanz zur Herstellung von Acrylaten und Harzen dient. Sowohl die Itaconsäure selbst als auch ihre Derivate können als „Building Blocks“ in der chemischen Synthese Anwendung finden. So kann z. B. aus Itaconsäure durch Decarboxylierung und anschließender Veresterung Methyl Methacrylat hergestellt und weiter zu Plexiglas verarbeitet werden.

Grafik: Universität für Bodenkultur Wien
Grafik: Universität für Bodenkultur Wien

 

  • Probe von Holz nach der Dampf-Explosion („Steam Explosion“) zum Aufschluss.
    Probe von Holz nach der Dampf-Explosion („Steam Explosion“) zum Aufschluss.
  • Enzymatische Hydrolyse von Holz zur Freisetzung der Zucker
    Enzymatische Hydrolyse von Holz zur Freisetzung der Zucker
  • Die Hefe Candida lignohabitans, die diese Zucker in Wertstoffe umsetzt
    Die Hefe Candida lignohabitans, die diese Zucker in Wertstoffe umsetzt
  • Eine Laborfermentationsanlage, in der die Umsetzung durch die Hefe durchgeführt wird. Alle Fotos: Universität für Bodenkultur Wien, Department für
    Eine Laborfermentationsanlage, in der die Umsetzung durch die Hefe durchgeführt wird. Alle Fotos: Universität für Bodenkultur Wien, Department für Biotechnologie